03.07.: SPD und Grüne fordern Landrat zur Stellungnahme in Sachen Fracking in NL auf
SPD-Kreistagsfraktion Kleve
Bündnis 90/Die Grünen-Kreistagsfraktion Kleve
An den
Landrat des Kreises Kleve
Herrn W. Spreen
im Hause
24.06.2014jf/mv
Sitzung des Kreistages am 03.07.2014
hier: Gemeinsamer Fracking-Antrag zur o.g. Sitzung
Sehr geehrter Herr Landrat,
die SPD-Kreistagsfraktion und die Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellen aus aktuellem Anlass unter Rücknahme der bereits eingereichten Einzelanträge folgenden gemeinsamen Ersatzantrag zur o.g. Kreistagssitzung:
Der Kreistag möge beschließen:
- Der Landrat des Kreises Kleve macht gegenüber den Niederlanden an geeigneter Stelle deutlich, dass der Kreistag Kleve erhebliche Bedenken gegen die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten mit Hilfe des Fracking-Verfahrens hat und daher die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas mit diesem Verfahren im niederländischen Grenzgebiet zu Deutschland ablehnt. Ursächlich für die Ablehnung sind nicht einschätzbare Risiken für das Grund- und Trinkwasser, die im Kreis Kleve zu befürchten sind.
Diese Risiken sind insbesondere:
- Der Einsatz unbekannter und zum Teil giftiger, umweltgefährdender Chemikalien.
- Unfälle und menschliches Versagen, die dazu führen können, dass Boden und Grundwasser verunreinigt werden und große Mengen Methan in die Atmosphäre gelangen.
- Fragliche Langzeitsicherheit der Rohre und Zementabdichtungen, was bspw. Das Risiko einer Verunreinigung des Grundwassers durch das Frack-Fluid in der Zukunft stark erhöht.
- Unbekannte hydrogeologische Wegsamkeiten.
- Die Entsorgung des Flowbacks, die weiterhin ungeklärt ist. So genannte Disposalbohrungen zur Entsorgung des Flowbacks verschärfen die Risiken der Verunreinigung von Untergrund und Wasser.
- Hoher Wasserverbrauch, der im Allgemeinen auf Oberflächengewässer, Brauchwasserbrunnen oder das lokale Trinkwassernetz zurückgreift und somit in Nutzungskonkurrenz stehen kann.
2. Der Kreistag Kleve fordert die Verwaltung auf, bis zum 09. Juli 2014 im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eine ablehnende schriftliche Stellungnahme basierend auf den unter 1a) – 1f) aufgeführten Punkten und im Sinne der bereits zu dieser Thematik gefassten Kreistagsbeschlüsse zum Entwurf des Berichtes über die Reichweite und Detailtiefe der Strategischen Umweltprüfung an das Büro für Energieprojekte (Bureau Energieprojecten – Inspraakpunt conceptnotitie structuurvision Schaliegas, Postbus 23, 2290 AA Wateringen/NL) zu richten oder unter www.bureau- energieprojecten.nl über das Online- Formular diese ablehnende Haltung des Kreistages Kleve deutlich zu machen und die niederländische Regierung zu bitten, auf das Fracking-Verfahren zu verzichten.
3. Der Kreistag Kleve unterstützt die Haltung der NRW-Landesregierung, die die Aufsuchung und Gewinnung von unkonventionellem Erdgas mit dem Einsatz der Fracking-Technologie für nicht verantwortbar hält und keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit des Grund- und Trinkwassers in Nordrhein-Westfalen durch Fracking-Vorhaben in den Niederlanden erfolgen darf.
Begründung:
Die niederländische Regierung strebt für die eigene Energieversorgung auch die Einbeziehung von unkonventionellem Erdgas (Schiefergas) u.a. entlang der Grenze zu Deutschland an und erarbeitet aus dieser Zielsetzung zurzeit eine sog. „Strukturvision Schiefergas“. Hierzu führt sie aktuell eine strategische Umweltprüfung zu Fracking-Vorhaben durch, an der sich auf Grund einer möglichen Betroffenheit auch Bürgerinnen und Bürger, Kommunen sowie das Land Nordrhein-Westfalen beteiligen können.
In einem ersten Schritt geht es nun um die Art und Weise dieser strategischen Umweltprüfung. Die betroffene Öffentlichkeit hat insofern die Möglichkeit Anregungen und Überlegungen zur Konzeption und Durchführung der Strategischen Umweltprüfung bis zum 09. Juli 2014 einzureichen. Diese strategische Umweltprüfung wird u.a. Grundlage für die Entscheidung der niederländischen Regierung sein, ob und in welchen Gebieten Fracking in den Niederlanden möglich sein wird.
Nach dem Motto: Wehret den Anfängen, sind die Kreistagsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Ansicht, dass auch der Kreis Kleve bereits jetzt unmissverständlich klar machen sollte, dass er jedwede Bemühungen zur Aufsuchung und Gewinnung von unkonventionellem Erdgas mit dem Einsatz der Fracking-Technologie entschieden ablehnt und bereits die Durchführung einer strategischen Umweltprüfung eingestellt werden sollte.
Grundwasser macht vor Landesgrenzen nicht halt. Da die Grundwasserleiter auf niederländischer Seite mit jenen auf deutscher Seite verbunden sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass dies - insbesondere auf Grund der Grenznähe der möglichen Gebiete - Auswirkungen auf das Grund- und Trinkwasser im Kreis Kleve hätte, sollte es zu einer Verunreinigung des Grundwassers durch eines der Vorhaben kommen. Deshalb halten wir die Aufsuchung und Gewinnung von unkonventionellem Erdgas mit giftigen Chemikalien auch an der Grenze zu Deutschland für nicht verantwortbar.
Wasser ist unser Lebensmittel Nummer 1. Deshalb dürfen Trink- und Grundwasser nicht gefährdet werden.
Zu 1a)
Gutachten weisen darauf hin, dass die Datenlage über eingesetzte Frack-Fluide und die Kennzeichnung in Sicherheitsdatenblättern bezüglich Konzentration, Identität und der Auswirkungen im Zusammenspiel und auf die Umwelt erheblich Informationsdefizite aufweisen. Einige der den Gutachtern bekannten Frack-Additive konnten als toxisch klassifiziert werden.
Zu 1c)
Besonders gravierend erscheinen Aussagen zur Langzeitbetrachtung der Barrieren, also der Zementierung und Verrohrung, die vor allem zum Schutz der Wasserhorizonte notwendig sind. Zwar wird nicht damit gerechnet, dass es zu einem Versagen der technischen Komponenten während des Frack-Vorgangs kommt, im Laufe der Zeit muss jedoch mit einem Versagen gerechnet werden.
Zu 1d)
Da ein Teil der Frackflüssigkeit im Untergrund verbleibt, ist es wichtig, dass das Deckgebirge nicht durchlässig ist und es keine Verbindung zwischen gasführenden Schichten und grundwasserführenden Schichten gibt, um einen Eintrag der Chemikalien und anderer Substanzen in das Grundwasser ausschließen zu können. Da es sehr unterschiedliche geologische Bedingungen gibt, ist eine Einzelfallbetrachtung dringend notwendig, um Risiken ausschließen zu können. Die Frage der geologischen Verhältnisse ist schon deshalb eine entscheidende, weil die Distanz zwischen den wasserführenden Schichten und den gasführenden Schichten sehr unterschiedlich sein kann. Es ist zudem nicht auszuschließen, dass durch den Einsatz von Fracking Wegsamkeiten zwischen den gasführenden Schichten und den grundwasserführenden Schichten geschaffen werden. Denn die Risse, die im Gestein durch den Einsatz von Fracking entstehen, können sich je nach Gegebenheit im Gestein weiter ausbreiten als dies beabsichtigt war.
Zu 1e)
Flowback wird das mit dem Gas an die Oberfläche geförderte Gemisch aus Lagerstättenwasser und Frackflüssigkeit genannt. Im Lagerstättenwasser können sich in den tiefen Schichten natürlich vorkommende, aber giftige Stoffe, wie z.B. Arsen, Quecksilber oder auch radioaktive Partikel befinden. Bisher gibt es noch keine technischen Entsorgungsstandards, die eine umweltgerechte Entsorgung der einzelnen Bestandteile des Lagerstättenwassers beinhaltet. Disposalbohrungen erfüllen die Kriterien für eine umweltgerechte und nachhaltige Entsorgung nicht.
Zu 1f)
Abhängig von der Bohrstelle wird viel Wasser benötigt. Dies wird dem Wasserkreislauf zum Teil permanent entzogen.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Franken
Fraktionsvorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion
Ute Sickelmann
Fraktionsvorsitzende
Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Kopie: CDU-Fraktion, FDP-Fraktion, Fraktion Die Linke/PIRATEN, Fraktion AfD/Freie Wähler